Dieser Artikel ist Teil unserer Serie Kundengetriebenes Marketing.
- Data-driven Marketing vor dem Aus: Nun kommt das kundengetriebene Marketing!
- Kundensegmentierung neu denken
- Customer Data Platforms als Säulen einer neuen Infrastruktur
- Neue KPIs im kundengetriebenen Marketing (dieser Artikel)
- Die Rolle des Datenschutzes im kundengetriebenen Marketing
Unternehmen können auf diverse Quellen zugreifen, um Informationen darüber zu erlangen, wer ihre (potentiellen) Kundinnen und Kunden sind und welche Touchpoints zur Marke und den Produkten diese nutzen. Reportings liefern den Unternehmen Kennzahlen, nicht aber gleichzeitig die Befähigung, auf dieser Grundlage auch unmittelbar die richtigen Entscheidungen zu treffen. Viele Quellen bedeuten einen Wust an Daten, der statt eines klaren Bildes vom Kunden eher einen „Overkill“ mit sich bringt und Unternehmen daran hindert, die passenden Antworten auf ihre (business-relevanten) Fragen zu finden. Die umsetzbaren Ableitungen fehlen. Daher wird es Zeit für ein neues Kennzahlen-Framework im Marketing: agil, dynamisch und zu Aktionen verleitend.
Abhilfe können hier vorgelagerte Überlegungen strategischer Art leisten. Was wollen wir in Zeitraum X erreichen (Objective)? Welche Maßnahmen können uns dabei unterstützen (Goal)? Und – jetzt kommen wir wieder zurück zu den Daten – welche Metriken helfen uns dabei, zu beurteilen, ob unsere Maßnahmen erfolgreich sind bzw. die erhoffte Wirkung zeigen (KPI)?
Wer sich nun an das OKR-Modell erinnert fühlt, liegt damit richtig. Damit wir die richtigen Fragen stellen können, müssen wir uns über unser Vorhaben erst einmal im Klaren sein. Nun können uns die Daten auch passende Antworten liefern. Wenn wir die Kundenbindung in unserem Onlineshop stärken möchten, sollten wir die Customer bzw. User Journey unserer Kunden analysieren. Wie interagiert sie oder er mit unserem Shop? Wo gibt es evtl. Engpässe oder negative Erlebnisse (Customer Experience) in der Interaktion mit unserem Unternehmen?
Diese Fragen lassen sich anhand von Frameworks beantworten, die dabei unterstützen, das Kundenerlebnis schematisch darzustellen. Die Modelle, wie z. B. der STDC-Ansatz von Google (See-Think-Do-Care), unterteilen die Kundeninterkation in einzelne Phasen. Jede der Phasen kann anhand von Daten bzw. Metriken auf ihren „Erfolg“ hin bewertet werden.
Mit dem STDC-Modell würden Unternehmen z. B. in der „See“-Phase beurteilen, ob neue Reichweite – also Attraction – aufgebaut werden konnte. Betrachtet werden die Kennzahlen „neue Besucher“, „Engagment Rate“ oder „Impression Share“. Die „Do“-Phase fokussiert sich auf die Transaktionen der Kunden, der Erfolg dieser Phase der Customer Journey lässt sich über die Metriken „Conversion Rate“, „Cart Abandonment“ oder „Average Order Value (AOV) messen.
Nun haben wir es aber mit zwei Herausforderungen zu tun: Zum einen handelt es sich bei den eben benannten Metriken um stark „funnel-lastige“ Kennzahlen, basierend auf historischen Daten, und weniger um kundenzentrierte Metriken. Zum anderen werden wir viele dieser Daten, die meist von Drittanbietern stammen, in Zukunft nicht mehr erheben bzw. auswerten können.
Perspektivwechsel im Marketing: kunden- statt funnelgetrieben agieren
Eine Lösung dafür bietet die Perspektive des kundengetriebenen Marketings. Indem wir den Blick auf den Kunden selbst richten und nicht mehr „nur“ auf die Phasen des Funnels, erreichen wir eine neue Qualität der Erfolgsmessung.
Dafür müssen wir die Hoheit über unsere Kundendaten zurückerlangen und diese in einer „single source of truth“ zusammenführen. So werden wir unabhängig von Dritten und können eine ganzheitliche „Customer Intelligence“ aggregieren.
Hierdurch versetzen wir uns in die Lage, die Customer Journey nicht mehr als linearen Funnel zu verstehen, sondern als dynamische Interaktion zu gestalten (Hyper-Personalisierung). Neue Daten-Dimensionen wie Psychographie und Intention können dabei helfen, Nutzer noch besser zu verstehen und die Journey passender zu kontextualisieren. So können wir den Nutzer selbst noch mehr in den Fokus stellen und neue Metriken zur Erfolgsmessung heranziehen.
Wesentlich spannender als das bisherige Kaufverhalten der Kunden, das sich über einen historischen Customer Lifetime Value erfassen lässt, sind vorausschauende Analysen zum Kaufverhalten der Zukunft (Predictive Analytics). So lassen sich durchgeführte Maßnahmen innerhalb einer Customer Journey besser bewerten. Die „predicted purchases“ und ein vorhergesagter AOV geben eine Einschätzung darüber, wie sich Kunden im kommenden Zeitraum X verhalten werden. Stimmt die Vorhersage oder konnte das Verhalten positiv sogar beeinflusst werden? Wie wertvoll ist ein bestimmter Kunde im Zeitraum X für das Unternehmen (RLV – Residual Lifetime Value)? Die „Customer Lifespan“ wird zum neuen dynamischen Richtwert in der Erfolgsmessung der Kundenbindung.
Der neue Ansatz des kundengetriebenen Marketings eröffnet die Möglichkeit, dynamische und kundenzentrierte Metriken in die Erfolgsmessung eines Unternehmens einfließen zu lassen. Die Konsequenz sind bessere Budgetallokation und ein gesteigerter ROI über kontextualisierte Personalisierung der Customer Journey.
Der Original-Beitrag zum Thema ist zuerst erschienen in der OneToOne.
Für einen übergreifenden Einstieg ins Thema kundengetriebenes Marketing empfehlen wir unser Whitepaper Bye bye datengetriebenes Marketing: Es lebe das kundengetriebene Marketing, das hier angefordert werden kann.
Autor
Timo Burmeister ist Senior Consultant bei elaboratum. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im digitalen Marketing vor allem in den Bereichen Search Experience, Data Analytics, UX und Behavioral Economics. Er verfügt über weitreichende Erfahrungen in der Konzeption, Durchführung und Erfolgsmessung von Online-Kampagnen.