Dieser Artikel ist Teil unserer Serie Kundengetriebenes Marketing.
- Data-driven Marketing vor dem Aus: Nun kommt das kundengetriebene Marketing!
- Kundensegmentierung neu denken
- Customer Data Platforms als Säulen einer neuen Infrastruktur (dieser Artikel)
- Neue KPIs im kundengetriebenen Marketing
- Die Rolle des Datenschutzes im kundengetriebenen Marketing
Kundengetriebenes Marketing löst datengetriebenes Marketing ab, denn als Folge der Cookie-Apokalypse steht nun statt der 3rd-Party-Daten endlich der Kunde im Fokus. Marketing folgt jetzt einer neuen Maxime: Orchestrierung statt Automation.
Mit solch einem Richtungswechsel gehen auch Veränderungen in den technischen Grundvoraussetzungen einher. Bislang wurde eine Dateninfrastruktur zur Umsetzung einer kundengetriebenen Useransprache opportunistisch und nicht abgestimmt aufgesetzt. Nicht selten waren je nach Verantwortlichkeiten in Unternehmen oft mehrere Technologien mit überlappenden Funktionalitäten im Einsatz. In der Konsequenz zeigten sich Tool-Landschaften oft als fragmentiert. Eine solches Szenario verursacht nicht nur Zusatzkosten, sondern verfehlt auch das Ziel der Ko-Orchestrierung aller Kanäle, um eine gelungene User Experience zu schaffen.
Es bedarf nun also einer Re-Evaluation der technischen Infrastrukturen, um ein erfolgreiches kundengetriebenes Marketing aufzusetzen. Voraussetzung dafür ist die Definition einer klaren Zielsetzung. Erst dann lässt sich der Bedarf ermitteln und die Abgrenzung und Auswahl der technologischen Partner vollziehen. Customer Data Platforms stellen einen Dreh- und Angelpunkt in der neuen Architektur dar. Sie sind die Weiterentwicklung bestehender CRM-Lösungen und der Kern der zukünftigen Dateninfrastruktur. Um sie herum wird das Kundenverständnis aufgebaut.
CDP-Lösung: die Kernfunktionalitäten
Eine CDP-Lösung ermöglicht nicht nur ein zentrales Kundenmanagement, sondern auch eine holistische Kundenansprache. Sie erfüllt folgende Funktionalitäten:
Daten-Aggregation
In erster Linie ist eine CDP-Plattform ein Aggregator, der die Datenbestände des Unternehmens aus den unterschiedlichen Quellen (E‑Commerce, CRM, POS, Online, Offline) zusammenführt. Die Daten werden anschließend bereinigt, normalisiert und unifiziert (Identity Resolution Management). Das Ziel: datenschutzkonforme Identitäten zu erzeugen, die ein 360-Grad-Kundenverständnis ermöglichen. Das bestätigt Miki Müller, Managing Director DACH/EE bei Tealium: „Unserer Ansicht nach liegt der Wert einer CDP darin, eine nahtlose Kundenerfahrung zu erschaffen, indem Kundendaten aus allen verfügbaren Quellen, auch über Geräte und Kanäle hinweg, vereinheitlicht und für andere Technologien und das gesamte Unternehmen verfügbar gemacht werden. CDPs ermöglichen dadurch wirkungsvolles Marketing und personalisierte sowie relevante Kundenerfahrungen.“
Daten-Prozessierung
Sind die Daten zusammengeführt und unifiziert, werden Logiken und Intelligenzen rund um die Kundenprofile geschaffen. Grundlegend ist dabei die Entwicklung intelligenter Kundensegmente unter Berücksichtigung folgender Datenbestände:
- Website-Daten: Bewegungen des Users auf der Website (populäres Verfahren Recency – Frequency – Monetisation)
- Datenbank-Daten (Information aus den Datenbanken des Unternehmens (Transaktionshistorie, CLV)
Mit modernen CDP-Lösungen kann noch einen Schritt weiter gegangen und künftiges Verhalten der Kunden aus den getrackten Daten abgeleitet werden:
- Predictions: Churn-Wahrscheinlichkeit, Retour-Wahrscheinlichkeit, Kauf-Wahrscheinlichkeit
- Recommendations: next best product, next best action
Daten-Aktivierung
Es ist jedoch nur die halbe Miete, Kundendaten zentral zu sammeln und zu konsolidieren. Dies bestätigt auch Maxi Nelkenbrecher, Senior Sales Consultant bei CrossEngage: Spannend wird es aus ihrer Sicht, wenn die Kundendaten sinnvoll für eine kanalübergreifende und personalisierte Kundenkommunikation aktiviert werden können. Das ist jedoch nicht trivial. Deshalb stellen einige CDP-Anbieter Features bereit, um Marketing-Kanäle auf Basis der konsolidierten Daten zu orchestrieren. Dies umfasst zum Beispiel das automatisierte Ausspielen von Kampagnen durch eventbasierte Echtzeit-Trigger, die durch zuvor definiertes Kundenverhalten ausgelöst werden. Eine native Integration der genutzten Best-of-Breed-Lösungen über APIs sorgt dabei für eine nahtlose User Experience und ermöglicht eine effektive Personalisierung.
Im Aufbau einer effizienten Daten-Infrastruktur ist die Daten-Aktivierung somit der finale Schritt. Es geht um die Fähigkeit, die aufgebauten Kundenidentitäten und die korrespondierenden Logiken synchron oder asynchron den entsprechenden Kanälen zur Verfügung zu stellen und damit eine individualisierte Kundenansprache zu ermöglichen. Eine holistische User-Ansprache kann jedoch nur erzielt werden, wenn die CDP-Lösung eine gute Konnektivität zu Marketingkanälen aufweist.
CDP, DMP … Ja was denn nun?
Durch den wachsenden Einsatz von Customer Data Platform-Lösungen kommt es immer wieder zu Irritation, inwiefern sich CDPs von den in den letzten Jahren sehr populär gewordenen DMP-Lösungen (Data-Management-Plattformen) unterscheiden. Die wesentlichen Unterschiede bringt Fritz Oleinek, Senior Director Marketing Technology Consulting bei Netcentric, auf den Punkt. Die DMP wird hauptsächlich dem Usecase für die Verwaltung von offsite (re-)targeted Ads zugewiesen und dient somit der CDP als Datenquelle. Eine CDP muss zudem deutlich höher skalierbar sein und auch mit personenbezogenen Daten (PII) umgehen können – in der Regel sind DMPs limitiert auf Non-PII-data (Daten, mit denen man eine Person nicht identifizieren oder verfolgen kann). Darüber hinaus muss die DMP die Schnittstellen zu 3rd-Party-Affiliates bieten, sodass aktivierte Daten aus der CDP genutzt werden können, um die Ads auf den Affiliate-Netzwerken personalisiert ausspielen zu können. Die „Antwort“-Daten aus der DMP werden wiederum zurück an die CDP geleitet, sodass dort eine weitere Profil-Anreicherung durchgeführt werden kann und der Datenkreislauf geschlossen ist.
Die Unterschiede zwischen DMPS und CDPs werden neben dem direkten Leistungsvergleich auch entlang der Customer Journey deutlich.
Ausblick
Das Angebot an CDP-Lösungen nimmt konstant zu. Zum einen durch neue Anbieter, zum anderen durch wachsende Investitionen. Das ursprüngliche Offering der CDPs als Daten-Aggregatoren weicht der neuen Rolle der Customer Intelligence-Plattformen. Der Einsatz von AI-Verfahren zu Identity Resolution Management wie auch zur Entwicklung von Prognosen und Empfehlungen sind die auszubauenden Themen der kommenden Jahre. Kundenansprache wird durch Echtzeit-Entscheidungen hinsichtlich „next best offer“ und „next best action immer relevanter und somit erfolgreicher werden.
Der Original-Beitrag zum Thema ist zuerst erschienen in der OneToOne.
Für einen übergreifenden Einstieg ins Thema kundengetriebenes Marketing empfehlen wir unser Whitepaper Bye bye datengetriebenes Marketing: Es lebe das kundengetriebene Marketing, das hier angefordert werden kann.
Autor
Dimitrios Haratsis ist Advisor im kundengetriebenen Marketing bei elaboratum und namhafter Experte auf dem Gebiet des datengetriebenen Marketings sowie der Marketing Technology. Er berät Unternehmen zur Entwicklung von datengetriebenen Strategien in der Post-Cookie-Ära. Kontakt: dimitrios.haratsis@elaboratum.de